Geschichte des Puppenherdes

Ein Puppenherd ist eine verkleinerte Nachbildung eines Herdes, der Kindern als Spielzeug dient. Solche Herde kamen Mitte des 19. Jahhunderts auf. Ihre größte Verbreitung hatten Puppenherde etwa zwischen 1870 und 1940. Sie waren funktionsfähige Herde, auf denen tatsächlich gekocht werden konnte.

"Kinder lieben winzige Dinge, besonders wenn sie den Objekten im Haushalt der Eltern gleichen. Kinder mögen bewegliche Sachen wie Schubladen, die man auf- und zuschieben, Türen, die man öffnen und schließen kann - und sie spielen gern mit Geräten, die funktionieren. Kinder lieben Feuer und Wasser - und sie panschen, manschen und essen gern."

Alle diese Vorlieben von Kindern erfüllt ein Puppenherd. Miniaturherde als genaue Nachbildung großer Feuerherde kamen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf. Für wohlhabende Schichten, in denen die Kinder nicht ohnehin von klein auf an der Hausarbeit beteiligt waren, boten die Puppenherde ein ideales Spielzeug und Erziehungsmittel. Neben den Puppenküchen, die mit drei Holzwänden einen eigenen Raum suggerierten, sich jedoch aufgrund der räumlichen Beschränkung nicht zum "echten" Kochen eigneten, wurden etwa gleichzeitg größere Kochherde mit Geschirr entwickelt. Diese freistehenden Herde aus Metall wurden mit Spiritus befeuert und waren je nach Größe mit mehreren Kochstellen, Backrohr und Wasserschiffchen für warmes Wasser ausgestattet. 

Diese eisernen Puppenherde entsprachen technisch der von J.P. Bérard und von Benjamin Thompson entwickelten sogenannten Kochmaschine. Um die Wärme besser auszunutzen, wurden die Töpfe direkt ins offene Feuer hineingehängt. Ein Absatz in der Seitenwand der Töpfe oder ein Haltering verhinderten, dass die Töpfe in den Herd hineinfielen. Die Blechherde waren mit zwei bis sechs Kochlöchern, Backofen und mehreren Türchen, hinter denen sich die Feuerung verbarg, ausgestattet. Zum Ende des 19. Jarhunderts hin wurden die Herde zunehmend mit Verzierungen wie geprägtem Blech an den Seitenwänden, Riegeln und Füßen aus Messingblech sowie mit Emaille versehen. Diese Herde wurden auch nach 1900 weiterhin angeboten. Bis sich um 1920 glatte weiße Herde mit geraden unverzierten Beinen durchsetzten. Kurioserweise wurden schon 1902 Puppenherde angeboten, die sich an Stadtgasleitungen anschließen ließen. Sich jedoch gegenüber den Spiritus oder Esbit befeuerten Modellen nicht durchsetzen konnten. Ab 1909 bot Märklin auch elektrische Puppenherde an. Diese galten als besonders sicher, waren allerdings erheblich teurer und konnten sich erst wesentlich später gegenüber den vielfach vererbten Feuerherden behaupten.

Mädchenerziehung am Puppenherd

Die spielerische Nachahmung der Tätigkeiten der Mutter oder der Köchin sollte die Erziehung kleiner Mädchen zur Hausfrau fördern. Puppkochbücher, wie Puppenköchin Anna von Henriette Davidis, erschienen 1855, preisen die Kochkunst als wichtigste Frauenkunst, die es spielend zu erlernen galt. Spielrisch sollten Mädchen auf ihren späteren häuslichen Wirkungskreis vorbereitet werden. Die Tätigkeit im Haus wurde im Laufe des 19. Jahrhundert zunehmend als Beruf verstanden, der einer Ausbildung oder besonderen Erziehung bedurfte. Puppenkochbücher kamen etwa gleichzeitig mit den Puppenherden erstmals auf den Markt. Und bildeten zusammen mit den verbreiteten Frauenratgebern- und Haushaltungsbüchern dieser Zeit die Basis für ein häusliches Mädchenbildungsprogramm. Diese Einbindung zeigt sich beispielsweise in der Einführung zu Haustöchterchens Kochschule für Spiel und Leben, erschien 1896.

Hersteller

Die ersten funktionsfähigen Puppenherde wurden als Einzelanfertigungen von Handwerkern angefertigt. Um 1800 wurden in Deutschland die ersten Kinderkochherde aus gewalztem Blech hergestellt. Um 1820 kam es zu den ersten Serienanfertigungen solcher Herde. Aus erhaltenen Katalogen und Abbildungen, zum Beispiel auf der Titelseite von Julie Bimbachs Puppenkochbuch lässt sich ersehen, dass in der Mitte des 19. Jahrhunderts bereits verschiedene Firmen eine große Zahl verschiedener Modelle produzierte. Ab ca 1870 ermöglichte es der industrielle Fortschritt der Blechbearbeitung, Blech maschinell zu stanzen, in Forme zu pressen und tief zuziehen. Damit konnten die Blechherde reich verziert und völlig unterschiedlich gestaltet werden. Schon 1895 bot die Firma Bing in ihrem Spielwarenkatalog allein 5 Seiten ausschließlich mit Blechherden für Kinder an. Daneben gab es ca. fünf weitere Hersteller, darunter Märklin und Kindler & Briel (heute Kibri). Da die Hersteller ihre Erzeugnisse nicht markierten, ist es nur anhand der Ornamente und der Gestaltung der Herde möglich, sie einem bestimmten Hersteller zuzuordnen. Insbesondere von der Firma Märklin sind zahlreiche Kataloge erhalten, aus denen sich der damalige Formenreichtum ablesen lässt. Die Modelle waren äußerst langlebig. Viele Modelle wurden über 30 oder mehr Jahre unverändert produziert. Die meisten Modelle wurden auch in abgestuften Größen hergestellt, die sich für den Transport zum Händler in einander stecken ließen.

große Puppenherde

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kleine Puppenküchenherde

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