Geschichte der Puppenküchen
Zuvor hatte es nur Puppenküchen in den Puppenhäusern des 17. und 18. Jahrhunderts gegeben, die jedoch meist mehr für Erwachsene gedachte Schmuckobjekte als Kinderspielzeuge waren. Ende des 18. Jahrhunderts wurden dann separate Puppenküchen für Kinder entwickelt, wobei es sich jedoch bei Herden und anderen Geräten noch um aufgemalte oder hölzerne Attrappen handelte. Dies ging einher mit einer Verkleinerung der Familien aufgrund sozialer und ökonomischer Umwälzungen, sowie mit einer neuen Wahrnehmung des Kindes als Individuum und der Kindheit als Lebensabschnitt.
Ab circa 1850 waren dann auch große Puppenküchen mit einer Länge von 120 cm erhältlich, die mit Spiritusherd und anderen, teilweise funktionstüchtigen, Küchengeräten, wie Eismaschine, Eisschrank, Rührgerät, Brotschneider e.c. ausgestattet waren. Neben den Puppenküchen, die mit drei Holzwänden einen eigenen Raum suggerierten, sich jedoch aufgrund der räumlichen Beschränkung nicht zum "echten" Kochen eigneten, wurden etwa gleichzeitig größere Kochherde, Geschirre und Gerätschaften entwickelt. Diese freistehenden Herde, aus Metall wurden mit Spiritus befeuert. Und waren je nach Größe mit mehreren Kochstellen, Backrohr und Wasserschiffen für warmes Wasser ausgestattet.
Das Puppenkochbuch von Henriette Davidis unterscheidet ausdrücklich zwischen "Speisen, welche auf den Puppenherd gemacht werden" sowie "Speisen ohne Herd zu bereitet", also kalten Gerichten. Und einer weiteren Abteilung, die sich der "Blumenküche oder Speisen für die Puppe" widmet. Obwohl also für die Puppen auch die "Blumenküche" ausreicht, werden echte Speisen auf einen PUPPENHERD zubereitet - und vermutlich von den Kindern selbst verzehrt.
Nürnberger Puppenkochbuch von Tante Betty, Nürnberg 1914, Verlag der Hans Lotter´schen Buchdruckerei
Wertvolles und zugleich gefährliches Spielzeug
Dennoch waren Puppenküchen und Puppenherde meist nur für eine kurze Zeit im Einsatz, sie wurden zu Weihnachten jeweils hergerichtet und mit Zutaten bestückt unter den Weihnachtsbaum gestellt. Meist konnten die Kinder der Familie dann bis zum Abräumen des Weihnachtsbaumes an Maria Lichtmess (2. Februar) mit Küche & Herd spielen. Dann wurde das Spielzeug verpackt um bis zum nächsten Weihnachtsfest weggeräumt. Darüber hinaus galt das Kochen mit Spiritus auch damals als ausgesprochen gefährlich und es wird von Explosionen und Verletzungen berichtet.
Wie anderes Spielzeug für Kinder auch stellen sie eine Quelle für kulturelle Forschung dar. Dieses Spielzeug war ursprünglich Kindern der gutbürgerlichen oder gar adligen Schicht vorbehalten. Arbeiterkinder mussten dagegen oft selbst bei der Herstellung von Spielsachen mitwirken. Solch aufwendiges Spielzeug war für Ihre Familien unerschwinglich. Puppenküchen spiegelten damit in ihrer Ausstattung auch deutlich den hohen sozialen Status ihrer Besitzer wider.